Henrik Ibsen

Hermann Bahr: Henrik Ibsen. In: Zur Kritik der Moderne. Zürich: Verlags-Magazin (J. Schabelitz) 1890, S. 59–79.

Verfasser:in Bahr, Hermann
Titel Henrik Ibsen
Gesamttitel Zur Kritik der Moderne
Erschienen
  • Zürich
  • Verlags-Magazin (J. Schabelitz)
  • 1890
  • Seite 59–79
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  • (1887) [Sonderabdruck aus dem 8. und 9. (August-September-)Heft der »Deutschen Worte«]
Textanfang Keine Wissenschaft in Deutschland ist so völlig unberührt geblieben gerade von den charakteristischen Aeußerungen des modernen Geistes, so durchaus ausgeschlossen von allen Errungenschaften des vorschreitenden Denkens und unwandelbar festgeschraubt in die einmal überlieferte Weise als die literarische Kritik. Was die übrigen in diesem Jahrhundert so von Grund aus revolutionierte und in neue Bahnen riß, die historische Betrachtung der Dinge im Zusammenhange der Entwicklung, ist ihr fremd und immer noch wie in den alten Tagen des metaphysischen Absolutismus, der die dialektische Erfassung des Wechsels und der Notwendigkeit der Widersprüche nicht kannte, meistert sie ihr Objekt an einem starren Kanon vorgefaßter Meinungen über das Schöne. Was diesen ewigen Grundsätzen der Kunst entspricht, lobt, jede geringste Abweichung tadelt sie unerbittlich und wie die alte Moral die Menschen in gute und böse schied, statt sie als das unvermeidliche Produkt ihrer Verhältnisse aus dem Begriffe dieser Verhältnisse zu begreifen, scheidet sie verdienstliche und verwerfliche Kunstwerke je nach dem Grade ihrer Uebereinstimmung mit der Vorschrift. Daß in der ästhetischen Vorschrift selbst einmal ein Wandel zulässig werden könnte in der Abfolge der Zeiten und jedes Geschlecht für seinen besonderen Geist, mit dem seine besondere Weise der Lebensfürsorge es erfüllt, auch seinen besonderen Ausdruck in aller Kunst verlangt, ja daß überhaupt kein Kunstwerk jemals, wofern es nur ein echtes, als eine planmäßige Erfüllung vorgesetzter Regeln, sondern ein jedes immer als ein menschlichem
Zusammenfassung Bahr versucht eine Antwort auf die Fragen zu geben: »welche Stellung nimmt er [Ibsen] ein im Zusammenhange der Weltliteratur, worin führt er die Vergangenheit weiter und welche Aufgabe der Zukunft bereitet er vor«. Ibsen entpuppt sich dabei als Schriftsteller, dessen Werke zwar durchaus strukturelle Mängel zeigen, dessen Bedeutung aber nicht nur ästhetische, sondern auch ethisch zu begreifen ist.
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