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Es ist oben dargelegt worden, daß die Auszeichnung dieser
Ausstellung in der Größe der Kleinen besteht. Zum Ausgleich sind dafür die Großen
desto kleiner. Nicht blos daß das effektsichere Talent Munkacsys nur durch das
herzlich mittelmäßige und gewöhnliche Porträt Liszts repräsentirt wird. Nicht
blos, daß, während doch sonst, wo immer Matejko erscheint, gleich alle
Aufmerksamkeit von seiner Besonderheit aufgesaugt und heftige Fehde der Meinungen
durch sie erregt wird, sein derbes, nüchternes, ungelenkes Mädchenporträt und die
»Ein Lied« betitelte trockene Konfusion von den meisten überhaupt gar nicht
bemerkt werden. Nicht blos, daß dieser »Feierabend auf der Alm« den
Defregger-Schwärmern bitterböses Herzeleid bereitet, weil er so boshaften Spott
provoziert, dem ihre Wehrlosigkeit nicht zu begegnen weiß, und Benjamin Vautier
durch diese biedere Familiensimpelei »Eine bange Stunde« in die sentimentale
Schwäche seiner düsseldorfischen Jugend zurückfällt. Auch der gewissenhafte
Chronist der neueren deutschen Geschichte, Anton von Werner, hat uns, wenngleich
sein gut gemeintes Stimmungsbild Bewunderer versammelt, die der lärmende
Farbenwirrwarr nicht stört, und selbst für die plumpe Burschikosität seines
Selbstporträts sich Beifall findet, ohne Botschaft seiner eigentlichen Bedeutung
gelassen. Knaus ist nur durch seinen vortrefflichen Helmholtz und Mommsen, Zierden
der Berliner Nationalgalerie, nicht im Genre, Lenbach durch eines seiner
Bismarck-Bilder, nicht das beste, vertreten. Der große Pionnier der Wahrheit,
Adolf Menzel, erscheint in seiner »Gasteiner Prozession« und den köstlichen
Aquarellen blos als der liebenswürdige Humorist; von seiner gewaltigen
Historienmalerei giebt diese Ausstellung kein Beispiel. Am schlimmsten aber hat
sie wohl an Siemiradzki gehandelt: eine solche Banalität hätte diesem vorher
keiner zugetraut. |