Die Jubelausstellung im Wiener Künstlerhause. 3. Berühmte Namen

Hermann Bahr: Die Jubelausstellung im Wiener Künstlerhause. 3. Berühmte Namen. In: Zur Kritik der Moderne. Zürich: Verlags-Magazin (J. Schabelitz) 1890, S. 110–113.

Verfasser:in Bahr, Hermann
Titel Die Jubelausstellung im Wiener Künstlerhause. 3. Berühmte Namen
Gesamttitel Zur Kritik der Moderne
Erschienen
  • Zürich
  • Verlags-Magazin (J. Schabelitz)
  • 1890
  • Seite 110–113
Textanfang Es ist oben dargelegt worden, daß die Auszeichnung dieser Ausstellung in der Größe der Kleinen besteht. Zum Ausgleich sind dafür die Großen desto kleiner. Nicht blos daß das effektsichere Talent Munkacsys nur durch das herzlich mittelmäßige und gewöhnliche Porträt Liszts repräsentirt wird. Nicht blos, daß, während doch sonst, wo immer Matejko erscheint, gleich alle Aufmerksamkeit von seiner Besonderheit aufgesaugt und heftige Fehde der Meinungen durch sie erregt wird, sein derbes, nüchternes, ungelenkes Mädchenporträt und die »Ein Lied« betitelte trockene Konfusion von den meisten überhaupt gar nicht bemerkt werden. Nicht blos, daß dieser »Feierabend auf der Alm« den Defregger-Schwärmern bitterböses Herzeleid bereitet, weil er so boshaften Spott provoziert, dem ihre Wehrlosigkeit nicht zu begegnen weiß, und Benjamin Vautier durch diese biedere Familiensimpelei »Eine bange Stunde« in die sentimentale Schwäche seiner düsseldorfischen Jugend zurückfällt. Auch der gewissenhafte Chronist der neueren deutschen Geschichte, Anton von Werner, hat uns, wenngleich sein gut gemeintes Stimmungsbild Bewunderer versammelt, die der lärmende Farbenwirrwarr nicht stört, und selbst für die plumpe Burschikosität seines Selbstporträts sich Beifall findet, ohne Botschaft seiner eigentlichen Bedeutung gelassen. Knaus ist nur durch seinen vortrefflichen Helmholtz und Mommsen, Zierden der Berliner Nationalgalerie, nicht im Genre, Lenbach durch eines seiner Bismarck-Bilder, nicht das beste, vertreten. Der große Pionnier der Wahrheit, Adolf Menzel, erscheint in seiner »Gasteiner Prozession« und den köstlichen Aquarellen blos als der liebenswürdige Humorist; von seiner gewaltigen Historienmalerei giebt diese Ausstellung kein Beispiel. Am schlimmsten aber hat sie wohl an Siemiradzki gehandelt: eine solche Banalität hätte diesem vorher keiner zugetraut.
Zusammenfassung Bahr sieht in der Ausstellung die weniger bekannten Künstler weit stärker repräsentiert als die großen Namen; diese seien oft nur mit wenigen und mäßigen Werken vertreten.
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Alternative Drucke hr: Die Jubelausstellung im Wiener Künstlerhause. III. Berühmte Namen. In: Deutsche Wochenschrift, Jg. 6 (1888) Nr. 14, S. 2–3.
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