10. März [1920]

Hermann Bahr: 10. März [1920]. In: Kritik der Gegenwart. Augsburg: Haas & Grabherr 1922, S. 85–86.

Verfasser:in Bahr, Hermann
Titel 10. März [1920]
Gesamttitel Kritik der Gegenwart
Erschienen
  • Augsburg
  • Haas & Grabherr
  • 1922
  • Seite 85–86
Volltext Ich hatte gestern Thomas Mann kaum verlassen, da stieß ich auf René Schickele: nach dem Lübecker mit dem eingebornen südlichen Strahl auf den Elsässer von der reinsten Art, in der der Deutsche mit dem Franzosen zusammenhaust, einander nicht eben freundlich, aber unentbehrlich. Erst ging er, ganz jung noch, nach Paris, da hielt er’s vor Sehnsucht nach dem andern Pol seines Wesens nicht aus. Er kam nach Berlin, da fror ihn vor Heimweh nach Frankreich. Der Krieg brach aus, der ja für den Elsässer, ob er hüben blieb oder überging, immer ein Brudermord war. Der Krieg ist aus, der Friede macht Schickele zum Franzosen. Aber er wird in diesem französischen Elsaß so wenig leben können, als einst im deutschen, denn auch das französische wie einst das deutsche tut dem Elsässer Gewalt an: auch Frankreich ist, wie Deutschland einst, nicht groß genug, um für einen ganzen Elsässer Raum zu haben. |
Zusammenfassung Aufeinandertreffen mit René Schickele.
Weitere Drucke (Periodika)
Alternative Drucke Hermann Bahr: Tagebuch. 10. März. In: Neues Wiener Journal, Jg. 28, Nr. 9488, 4.4.1920, S. 6.
Schlagwörter Buch, Section, Tagebuch, Buchtext