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Brief aus Stellenbosch. Das ist ein Städtchen in Südafrika, mit
noch nicht zehntausend Einwohnern, aber einer festen Schritts emporkommenden
Universität. Einer ihrer jungen Professoren schreibt mir, Philolog,
Kunsthistoriker, Wilamowitz-Schüler, enthusiastischer Bure, merkwürdige Mischung
von Humanismus mit Nationalismus, mir sehr verständlich, der ich doch auch
zugleich kosmisch und provinziell gesinnt bin und so gern ich mich mit dem
Weltgeist unterhalte, mir dabei stets ausbitte, meine Mundart sprechen zu dürfen.
Er schreibt: »Jedes Blatt und Buch aus Deutschland ist mir eine Quelle der
Erquickung, denn man lebt hier abseits vom großen Strom der Weltkultur. Dennoch
gibt’s hier eine junge Kultur im Entstehen, und oft denke ich, wieviel schöner und
ersprießlicher es ist, hier Pionierwerk zu tun als im alten Lande, wo man nicht
viel Neues zustande bringen kann, gerade jetzt auch, wo Europa einer großen Ruine
gleicht. Bis vor zehn Jahren hat unsere Volkssprache, afrikanisch-holländisch,
noch keine Anerkennung gehabt. Seitdem ist sie Schul- und Kanzel- und
Parlamentssprache geworden. Dichter haben in dieser kurzen Zeit eine Literatur
geschaffen, erstklassige Geschichtswerke sind erschienen, auch Schulbücher für die
Kinder, ja man übersetzt jetzt auch die Bibel ins Afrikanische, wo früher das
Hoch-Holländische, das nicht gesprochen wurde, die allgemeine Schul-, Kanzel- und
Schriftsprache war. Auch an unserer Universität wird meistens in Afrikanisch
gelesen, und ich habe eben acht öffentliche Vorträge über griechische Kunst
gegeben. Das ist auch eine Begleitung des Afrikanernationalismus hier im Lande,
der die stärkste politische Partei unter General Herzog ins Leben gerufen hat, so
daß General Smuts die Reste seiner Kompromißpartei mit der Engländerpartei hat
vereinigen müssen, der Selbsterhaltung wegen!« Er hat auch mit jenen seiner
Kollegen, die, wie er, unseren Universitäten ein dankbares Gefühl bewahrt haben,
mit diesen, wie er sie nennt: »deutschstudierten Afrikanern« zusammen eine
»Pietätserklärung« gegen die »Verleumdungen der deutschen Wissenschaft im Ausland«
abgegeben. Er will jetzt, um den Sinn für deutsche Kunst in Südafrika zu fördern,
dies, da man ja leider nicht das Kaiser-Friedrich-Museum oder die Münchener Alte
Pinakothek dort gastieren lassen kann, durch Ausstellung von »Reproduktionen«
versuchen und fragt mich, ob ich ihm helfen kann, die Mitwirkung deutscher
Verleger zu gewinnen. Wenn etwa R. Piper in München sich entschließen könnte,
seine mächtige Grünewald-Mappe mit den herrlichen Hanfstänglschen Photographien
des Isenheimer Altars, sein Marées-Werk Meier-Gräfes und die wunderschöne Ausgabe
der Briefe von Marées, Kubins entzückende »Neujahrsnacht« Jean Pauls und Hagens
Deutsche Zeichner der Universität Stellenbosch in Südafrika zu stiften, unser
Schroll in Wien Pachers Wolfganger Altar, die Münchener Gesellschaft für
christliche Kunst Paschalis Schmids Altdeutsche Weihnacht, Hugo Heller sein
Klimt-Werk, Bruno Cassirer ein paar Jahrgänge von Schefflers »Kunst und Künstler«,
der Inselverlag die Italienische Reise mit Goethes Zeichnungen, Karl Robert
Langewiesche seine »Deutschen Dome«, »Deutsche Plastik« und »Deutschen Barock«,
die Stuttgarter Deutsche Verlagsanstalt von ihren »Klassikern der Kunst« etwa den
Dürer, vor allem aber den Schwind und dazu noch Callwey in München, Alexander Koch
in Darmstadt, Wasmuth in Berlin und Seemann und Bruckmann und Velhagen, und sicher
vergesse ich von den besten Namen noch manchen!, so dürfte dies wohl ein
vaterländisches Werk im höchsten Kultursinn geheißen werden. Adresse: Dr. Johannes
Basson, Dorpstraat 99 in Stellenbosch bei Kapstadt, Südafrika. | |