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Der Theaterdirektor einer Stadt im mittleren Deutschland klagt
mir seine Situation, die typisch ist. Er hat ein gut bürgerliches Publikum: brave
Leute, die tagsüber redlich schanzen, aber abends dafür sich unterhalten und
womöglich lachen wollen; gelegentlich läßt man sich, da man weiß, daß dies zur
Bildung gehört, schon auch einmal einen Klassiker gefallen, bei dem man sich mit
Anstand langweilt, ja selbst, wenn es sein muß, einen lebenden Dichter, wofern der
von Berlin aus bereits »zweifelsohne« festgestellt ist. Übrigens aber hat man
weiter keine literarischen Schmerzen und hält sich an das erprobte Theaterstück in
Ernst und Scherz, wie es seit Diderot, Iffland und Kotzebue in leichter
Verkleidung durch alle Zeiten geht. Schon Hauptmann ist diesem Publikum etwas zu
anstrengend und gar vor allem was nach Expressionismus schmeckt, schrickt es
schaudernd zurück. Das wäre ja nun für den Direktor wunderschön, wenn nicht bei
Premieren mitten unter diesen erfreulichen Leuten vier abgefeimte Sonderlinge
säßen, deren Geschmack namenlos vorgeschritten, für die Hauptmann längst
überwunden, selbst Unruh schon wieder verdächtig und eigentlich ein Dichter
überhaupt nur so lange diskutabel ist, als er es noch zu keiner Aufführung
gebracht hat. Die Hyänen nennt die vier mein Direktor, der gegen ihren vorwärts
schnaubenden Geschmack ja durchaus nichts einzuwenden hätte, wenn es nur nicht
leider gerade die Kritiker der vier Zeitungen jener Stadt wären. Diese Zeitungen
sind alle vier ganz ebenso bedächtig gesinnt und gestimmt als ihre Leser, wenn
sich diese bürgerliche Biederkeit auch in einer jeden des Vokabulars einer anderen
Partei bedient; der Bürgersinn bleibt darum derselbe: beharrend, seinen
Gewohnheiten treu, mißtrauisch gegen alles Neue, was aber nun keineswegs
ausschließt, daß der Abonnent, sofern es nur nicht ihn betrifft, von seiner
Zeitung doch auch wünscht, avanciert zu sein. Irgendwo will man ja zeigen, daß man
kein Kleinstädter mehr ist. Und dazu haben die vier Zeitungen nun die Hyänen
angestellt: die toben in der Kunst, wo das ja weiter nichts schaden kann, die
radikalen Bedürfnisse des Abonnenten aus. Das Ergebnis davon aber ist: gefällt ein
Stück dem Publikum, so wird’s am andern Tag in den vier Zeitungen von den Hyänen
so verrissen, daß in die zweite Vorstellung kein Mensch mehr geht; gelobt aber
werden in den vier Zeitungen nur Stücke, die dem Publikum so sehr mißfallen haben,
daß ihnen dann auch die Begeisterung der Hyänen am nächsten Tag schon nichts mehr
hilft! Jetzt sagen Sie mir nur, klagte mein Direktor, was man da anfangen soll?
Ich schlug ihm vor: selber Hyäne zu werden. | |