Volltext |
»Franz Schuberts Briefe und Schriften. Mit den zeitgenössischen
Bildnissen, drei Handschriftproben und anderen Beilagen. Herausgegeben von Otto
Erich Deutsch« (Georg Müller Verlag, München). Es sind uns bloß dreiundsechzig
Briefe Schuberts erhalten, aber der ganze Schubert ist darin in seiner
ahnungslosen Größe, vor der er, wenn sie sich doch zuweilen ihrer bewußt wird,
selber zurückschrickt. In sein Tagebuch schreibt er einmal: »Zu leichter Sinn
birgt meistens ein zu schweres Herz.« Und ein anderes Mal: »Keiner, der den
Schmerz des andern, und keiner, der die Freude des andern versteht! Man glaubt
immer zu einander zu gehen und man geht immer nur neben einander. O Qual für den,
der dies erkennt!« Und dann wieder ganz hamletisch: »Was sollten wir auch mit dem
Glück anfangen, da Unglück noch der einzige Reiz ist, der uns übrig bleibt?« Oder
an Bauernfeld: »Ich kann unmöglich nach Gmunden oder irgend anders hin kommen, ich
habe gar kein Geld und es geht mir überhaupt sehr schlecht. Ich mache mir aber
nichts daraus und bin lustig.« Grundstimmung überhaupt durchaus »Wie es euch
gefällt«, aber in den Ardennen zwischen Währung und Döbling. Von der Milder, die
ihm nicht ersetzt werden kann, sagt er: »Sie singt am schönsten und trillert am
schlechtesten«, womit wirklich dieser ganze Typus des erhabenen tragischen Gesangs
verewigt ist, ebenso wie hinwieder das Geheimnis seiner eigenen Kunst in dem einen
Satz: »Meine Erzeugnisse sind durch den Verstand für Musik und durch meinen
Schmerz vorhanden; jene, welche der Schmerz allein erzeugt hat, scheinen am
wenigsten die Welt zu erfreuen.« Er war eben als Mensch und als Künstler durchaus,
was man draußen einen windigen Österreicher zu nennen liebt. | |