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Traumulus wird der Direktor des königlichen Gymnasiums, Herr
Professor Dr. Niemeyer, von seinen Schülern [… es folgt eine ausführliche
Würdigung des Stoffes] Mich ergreift es sehr, wie durch dieses ganze Stück der
trostloste Gedanke zieht, daß doch kein Mensch den andern kennt, aber eigentlich
auch sich nicht, keiner vom anderen weiß, auch von sich nicht, und darum keiner
jemals dem anderen helfen kann, auch sich selbst nicht, sondern alle nur, vor den
anderen und vor sich selbst versteckt, im Leben wie in einem tiefen Nebel stehen.
Uns es wirkt auf mich, wie stark und rein jene zwei Gestalten empfunden sind, wenn
auch freilich der Autor sie uns mehr bloß ahnen als sehen läßt. Dies ist nicht
seine Schuld, sondern eher künstlerische Absicht: denn sie hätten sonst die Form
des Theaters zersprengt. Es hat ihn aber offenbar gereizt, einmal zu zeigen, daß
es möglich ist, auch in das übliche Theaterstück, das sich der Sinn der Menge
wünscht, Menschliches zu bringen. Man weiß, daß es Holz Spaß macht, manchmal in
fremden Tönen zu reden. Warum nicht auch einmal im Tonde des durchtriebenen
Theatermenschen, dem auf jeden Wink alle Finten und Kniffe des Metiers gehorchen.
Sonst rufen wir in solchen Fällen gleich verzückt: Seht doch die Franzosen! Freuen
wir uns, es einmal an einem Deutschen bewundern zu dürfen. Dies alles sagt mir
mein Verstand beharrlich vor und ich ärgere mich, daß es ihm nicht gelingt, mich
ehrlicher zu begeistern. Aber eine leise Stimme will nicht schweigen: es tut mir
um diese zwei Figuren leid, daß der Autor sie in ein Theaterstück verbannt hat.
Gerade weil ich ihren menschlichen Wert so stark spüre. Sie sind mir zu gut, um
dem Behagen träg verdauender Gaffer zu dienen. Und ich kann bei Arno Holz nicht
vergessen, der zwanzig Jahre ein Unerbittlicher gewesen ist, einer von den großen
Einsamen, zu welchen niemals der Ruf des Marktes dringt. |