Volltext |
Heute wird der edle Fritz Mauthner siebzig. Welch ein Weg vom
vorwitzigen Präger Studiosus über den kritischen Führer Berlins durchs Dickicht
nihilistischer Sprachkritik zur entsagungsvoll lächelnden Weltverzeihung des
Weisen in seiner waldumrauschten, traulich beseelten Einsamkeit des Glaserhäusls
am Bodensee! Hat Österreich, immer treulos, auch ihn vergessen? In den letzten
dreißig Jahren schritt kaum einer durch unsere Geisteswelt, den er nicht durch ein
helfendes Wort, durch seinen gütigen Blick bestärkt und gesichert hätte! Wenn
jetzt die sechs Bände seiner ausgewählten Schriften kommen, die die Stuttgarter
Deutsche Verlagsanstalt verheißt, will ich mich treulich von ihnen noch einmal
durch sein strenges, gestähltes, fruchtendes Leben geleiten lassen, von »Nach
berühmten Mustern« (worin doch schon der Sinn der Sprachkritik keimt) über den
»Letzten Deutschen von Blatna« und den »Armen Franischko« bis zum »Letzten Tod des
Gautama Buddha«! Vitae summa brevis spem nos vetat incohare longam. | |