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Schopenhauer über Republiken: »Die Frage nach der Souveränität
des Volkes läuft im Grunde darauf hinaus, ob irgend jemand ursprünglich das Recht
haben könne, ein Volk wider seinen Willen zu beherrschen. Wie sich das
vernünftigerweise behaupten lasse, sehe ich nicht ab. Allerdings also ist das Volk
souverän: jedoch ist es ein ewig unmündiger Souverän, welcher daher unter
bleibender Vormundschaft stehen muß und nie seine Rechte selbst verwalten kann,
ohne grenzenlose Gefahren herbeizuführen; zumal er, wie alle Unmündigen, gar
leicht das Spiel hinterlistiger Gauner wird, welche deshalb Demagogen heißen ...
Eine Staatsverfassung, in welcher bloß das abstrakte Recht sich verkörperte, wäre
eine vortreffliche Sache für andere Wesen als die Menschen sind: weil nämlich die
große Mehrzahl derselben höchst egoistisch, ungerecht, rücksichtslos, lügenhaft,
mitunter sogar boshaft und dabei mit sehr dürftiger Intelligenz ausgestattet ist,
so erwächst hieraus die Notwendigkeit einer in einem Menschen konzentrierten,
selbst über dem Gesetz und dem Recht stehenden, völlig unverantwortlichen Gewalt,
vor der sich alles beugt, und die betrachtet wird als ein Wesen höherer Art, ein
Herrscher von Gottes Gnaden. Nur so läßt sich auf die Länge die Menschheit zügeln
und regieren ... Ein ganz besonderer und dabei paradoxer Nachteil der Republiken
ist noch dieser, daß es in ihnen den überlegenen Köpfen schwerer werden muß, zu
hohen Stellen und dadurch zu unmittelbarem politischen Einfluß zu gelangen, als in
Monarchien. Denn gegen solche Köpfe sind nun einmal überall, immerdar und in allen
Verhältnissen, sämtliche bornierte, schwache und gewöhnliche Köpfe, als gegen
ihren natürlichen Feind, verschworen oder instinktmäßig verbündet, und werden fest
zusammengehalten durch ihre gemeinsame Furcht vor jenen. Ihrer stets zahlreichen
Schar nun wird es, bei einer republikanischen Verfassung, leicht gelingen, die
überlegenen zu unterdrücken und auszuschließen, um ja nicht von ihnen überflügelt
zu werden; sind sie doch, und zwar hier bei gleichem ursprünglichen Recht, stets
fünfzig gegen einen. In der Monarchie hingegen ist diese überall natürliche Ligue
der bornierten gegen die bevorzugten Köpfe doch nur einseitig vorhanden, nämlich
bloß von unten: von oben hingegen haben hier Verstand und Talent natürliche
Fürsprecher und Beschützer ... Zudem ist die Dauer der Republiken des Altertums,
gegen die der Monarchien, sehr kurz gewesen. Republiken sind überhaupt leicht zu
errichten, hingegen schwer zu erhalten: von Monarchien gilt gerade das Umgekehrte.
Will man utopische Pläne, so sage ich: die einzige Lösung des Problems wäre die
Despotie der Weisen und Edlen einer echten Aristokratie, eines echten Adels,
erzielt auf dem Wege der Generation, durch Vermählung der edelmütigsten Männer mit
den klügsten und geistreichsten Weibern. Dieser Vorschlag ist mein Utopien und
meine Republik des Plato.« | |