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Hier in Salzburg hat heuer ein Student den Sommer über tagaus
tagein Steine geklopft und sich von der Löhnung so viel erspart, daß er nun den
Winter in Wien vielleicht doch vor dem Hungertod bewahrt zu bleiben hofft. Student
als Steinklopfer, es hat etwas Heroisches, aber ich weiß nicht, ob das Beispiel
viele locken wird. Wahrscheinlicher ist, daß die Studentenschaft ausstirbt; die
höhere Bildung, im alten Österreich wirklich auch dem Ärmsten zugänglich, wird in
dieser herrlichen Republik bald nur noch ein Vorrecht von Schieberjünglingen sein.
Auch in Deutschland scheint dies der Sinn der Demokratie. Doch dort sieht man der
ungeheuren Schmach wenigstens nicht mit unserer fatalistischen Ergebung zu, dort
versucht man doch, sich zu wehren. Eduard Meyer, der Rektor der Berliner
Universität, schickt mir im Auftrage des »Kuratoriums der Studentenhilfe« einen
von den Rektoren der sieben Berliner Hochschulen, von Haenisch, dem Minister für
Wissenschaft, Kunst und Volksbildung, und von allerhand guten Namen gezeichneten
»Aufruf« zu, der zur öffentlichen Kenntnis bringt, daß zurzeit Tausende von
Berliner Studenten nur einmal wöchentlich ein warmes Essen haben, daß viele längst
nicht mehr wohnen, nirgends wohnen, sondern den Tag in allgemeinen Räumen,
Hörsälen oder Bibliotheken, die Nacht auf den Bahnhöfen verbringen und daß es
diesen, kaum einmal in der Woche warm essenden, nirgends wohnenden, unstet durch
die Stadt streichenden, zerlumpten, frierenden Studenten natürlich auch durchaus
an Büchern fehlt (die sich ja selbst, die Lehrer kaum mehr beschaffen können; der
Wucher der Sortimenter wäre noch ein eigenes Kapitel). Es ist ein erschütterndes,
herzzerreißendes Bild! Wie herrlich hat’s dagegen doch der Bettelstudent der alten
Zeit gehabt! »Studio auf seiner Reis, jupheidi, jupheida!«, fast mythisch klingt
uns heut das Studentenlied! Das Jupheidi verscholl, die Studentenschaft wird zum
Lumpenproletariat, in eben der Zeit, da, sinnlos anschwellend, ein lärmendes Heer
von feisten Beamten in Prachtautos durchs ausgesogene Land gröhlt. Daß aus den
Burschenschaften noch keine Räuberbanden wurden, ist nur wieder einmal ein Beweis
der deutschen Schafsgeduld, aus der allein es auch erklärlich wird, warum Leute,
schamlos genug, während Studenten verhungern, drei Stunden Puccini mit vierhundert
Kronen zu bezahlen, doch noch immer nicht erschlagen werden. | |